Zurück zur Übersicht

LEH im Wandel – Was Konsument:innen heute bewegt und was Händler morgen leisten müssen

Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel (LEH) steht vor einem tiefgreifenden Wandel: Klassische Einkaufsroutinen weichen situativen Konsumentscheidungen, digitale Touchpoints gewinnen rasant an Bedeutung, und die Erwartungen der Konsument:innen unterscheiden sich deutlich zwischen den Generationen. Eine aktuelle Studie von Batten & Company unterstreicht: Wer künftig im LEH erfolgreich sein will, muss Kundenverhalten differenziert verstehen, digitale Kanäle strategisch steuern und Convenience neu definieren – jenseits von Preiswettbewerb und Standardlösungen.

Markenperformance: Wer punktet/wer verliert?

REWE gelingt der Spagat zwischen Convenience und Markenstärke und gewinnt als Supermarkt der Gen Z Marktanteile.

Lidl entwickelt sich mit funktionaler App, Self- Checkout und nutzerzentrierter Customer Expe­rience zum Discounter der Wahl bei digitalaffinen Käufer:innen.

Edeka bleibt bei der Boomer-Generation gesetzt, verliert aber an Relevanz bei Jüngeren.

Aldi stagniert trotz hoher stationärer Reichweite, da digitale Touchpoints unzureichend entwickelt sind.

Der Markt im Umbruch

Was bedeutet der tiefgreifende Wandel im Le­bensmitteleinzelhandel konkret für das Verhalten der Konsument:innen? Welche Rolle spielen Alter, digitale Affinität und Markenerwartungen bei der Wahl des bevorzugten Einkaufsortes? Und woran scheiden sich die Geister, wenn es um Convenience, App-Nutzung oder Loyalität geht?

Um diese Fragen differenziert beantworten zu kön­nen, hat Batten & Company im Frühjahr 2025 eine bevölkerungsrepräsentative Online-Befragung un­ter mehr als 1.000 Konsument:innen im Alter von 18 bis 70 Jahren durchgeführt. Die Auswertung fo­kussiert sich auf vier Generationencluster und ana­lysiert zentrale Unterschiede entlang der Customer Journey, von der Inspirationsphase bis zum Kaufab­schluss, mit besonderem Augenmerk auf die Rolle digitaler und stationärer Kontaktpunkte.

Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen jene Handelsmarken, die von Konsument:innen im All­tag besonders häufig genutzt werden – REWE, Edeka, Aldi Nord, Aldi Süd, Lidl, Kaufland, Netto und Penny. Obwohl die Befragung ein breiteres Marken­spektrum abbildete, wurde die vertiefte Analyse auf diese acht Akteure konzentriert, da sie maßgeblich die Wahrnehmung und Entwicklung des deutschen LEH prägen.

Details zur Studie

Die vorliegende Untersuchung basiert auf einer bevölkerungsrepräsentativen Online- Befragung, die im Frühjahr 2025 in Koopera­tion mit dem Marktforschungsinstitut Innofact durchgeführt wurde. Ziel war es, ein möglichst differenziertes Bild des Einkaufsverhaltens im deutschen Lebensmitteleinzelhandel zu ge­winnen, insbesondere im Hinblick auf Unter­schiede zwischen den Generationen.

  • Stichprobe: N = 1.000
  • Zielgruppe: Personen im Alter von 18–70 Jahren, die allein- oder mitverantwortlich für den Lebensmitteleinkauf ihres Haushalts sind
  • Markt: Deutschland
  • Verteilung: Bevölkerungsrepräsentativ nach Geschlecht und Region
  • Clusterung: Einteilung in vier Generationencluster zur Analyse altersbezogener Unterschiede

Generationengruppen im Überblick:

  • Gen Z (1996-2009)
  • Gen Y/Millennials (1981-1995)
  • Gen X (1966-1980)
  • Baby Boomer (1956-1965)

Eine Frage des Alters: Wie und wo wir einkaufen

Der Wocheneinkauf ist tot, denn der Kühlschrank steht im Supermarkt

Was jahrzehntelang die Regel war, wird heute zur Ausnahme: Nur noch weniger als die Hälfte der Deutschen plant überhaupt einen klassischen „Maxi Basket“, also den großen Wocheneinkauf mit Vor­ratscharakter. Besonders jüngere Generationen wie Gen Z und Gen Y verabschieden sich zunehmend von diesem Ritual.

Ihre Realität heißt: „Top-up“ (ergänzende Einkäufe), „One Need“ (gezielte Besorgungen für einen kon­kreten Zweck) und spontane Supermarktbesuche – oft täglich, oft unterwegs, oft situativ. Der Lebens­mitteleinzelhandel wird zum jederzeit verfügbaren Vorratsraum. Warum zu Hause lagern, wenn der Supermarkt gleich um die Ecke ist und der nächste kleine Einkauf nur einen App-Swipe entfernt liegt? Diese Entwicklung hat direkte Folgen für die Anfor­derungen an die Einkaufsstätte und erklärt, warum sich die Vorlieben zwischen den Generationen mas­siv verschieben.

Rewe gewinnt die Gen Z – Edeka verliert sie

REWE ist mit 24% der klare Favorit bei der Gen Z bei den Haupteinkaufsstätten – trotz vergleichsweiser höherer Preise. Warum? Für die LEH-Expertin Jasmin Cornelsen steht fest:

„Die Kombination aus Einfachheit & Convenience, Verfügbarkeit & Struktur, Digitalisierung und einem attraktiven Markenangebot trifft den Nerv dieser Generation. Gerade weil die Jüngeren Generationen kleinere Warenkörbe haben, relativiert sich für vie­le die Preiswahrnehmung des Gesamtwarenkorbs. REWE schafft es, den Supermarkt als Ort des tägli­chen Mikrokomforts zu inszenieren.“

Edeka dagegen verliert vor allem bei jüngeren Ziel­gruppen an Anziehungskraft. Vor allem die Beto­nung von Regionalität und das hochwertige Sorti­ment sprechen die traditionellere Käuferschicht der Baby Boomer an, bei ihnen zählt Edeka zur ersten Wahl beim Lebensmitteleinkauf. Bei den jüngeren Generationen stößt Edekas Positionierung jedoch an Grenzen: Aspekte wie Innovationskraft, erwei­terte Services und digitale Nähe sind für sie ent­scheidende Kriterien. Hier bleibt Edeka vielen zu analog und zu wenig „on the go“, um als zentrale Einkaufsstätte zu überzeugen.

Wenn der Preis nicht mehr reicht – Lidl zeigt, wie Discounter in „sexy“ geht

Lidl hat verstanden, wie man auch preisorientier­te Kund:innen mit digitalem Komfort bindet. Eine funktionale, durchdachte App, ein klarer Online- Auftritt und die zunehmende Integration moderner Self-Checkout-Elemente machen Lidl zur präferier­ten Discounter-Wahl, insbesondere für die Genera­tion Y (19%). Hier wird Preisbewusstsein mit Zeit­ersparnis kombiniert – und das kommt an.

Aldi hingegen stagniert, denn obwohl Aldi Süd und Nord eine gewaltige Reichweite haben und von al­len Generationen mit über 50% als regelmäßig be­suchte Einkaufsstätte genannt werden, gelingt es ihnen nicht, bei den jüngeren Zielgruppen zur Haupteinkaufsstätte aufzusteigen. Die Gründe sind für unsere LEH-Expertin Jasmin Cornelsen klar:

Zwar werden veraltete Check-out Prozesse nach und nach um moderne Self-Checkouts erweitert, dennoch werfen die schwachen Apps mit kaum attraktiven Funktionen Aldi (Nord und Süd) massiv zurück.“

Das Ergebnis: Während Lidl an Relevanz gewinnt, rutscht Aldi, zumindest in der Gunst der digitalaf­finen Zielgruppen, zunehmend ins Hintertreffen. REWE gewinnt die Gen Z, während Edeka bei der Generation Baby Boomer besonders hoch im Kurs ist.

App statt Altpapier – Die App ist der Handzettel von morgen oder übermorgen

Supermarkt-Apps entwickeln sich zur neuen Schalt­zentrale der Angebotskommunikation. Bei der Gen Z sind sie bereits Nutzungskanal Nr. 1. Auch bei äl­teren Generationen nimmt die Nutzung zu – über 60 % der Deutschen geben an, Apps von Super­märkten zu nutzen.

Gleichzeitig bleibt der gedruckte Handzettel das dominierende Medium bei Gen X (63% Nutzung) und Baby Boomern (68% Nutzung). Für diese Ge­nerationen ist die Print-Version nach wie vor der wichtigste Kanal. Händler, die den gedruckten Handzettel abschaffen, riskieren insbesondere bei loyalen Stammkund:innen Reichweitenverluste. Wer hingegen zu lange am Papier festhält, verpasst den Anschluss an die Zukunft.

Die Studie zeigt: Die Kanalpräferenzen unterschei­den sich klar nach Alter.

Dennoch wird klar: Die App ist der einzige Kanal, der generationsübergreifend an Relevanz gewinnt. Zwar unterscheiden sich die Nutzungsraten zwi­schen den Generationen – während Gen Z mit ei­ner App-Nutzung von 76 % längst etabliert ist und auch Gen Y mit über 70 % stark vertreten ist, liegen Gen X und die Baby Boomer mit etwas über 60 % noch zurück. Doch die Richtung ist klar: Die App wird zum neuen Handzettel, Angebotskommunika­tion zum digitalen Spielplatz.

„Entscheidend ist, wie Händler den Übergang or­chestrieren. Wer digitale und analoge Kanäle stra­tegisch verzahnt, kann Reichweite sichern und neue Nutzungsmuster gezielt fördern.“ – Jasmin Cornelsen

„App? Ja. Aber bitte mit Substanz!“ – Warum Funktionalität über Erfolg oder Scheitern entscheidet und welche Apps wirklich punkten

Einfach nur eine App zu haben, reicht jedoch längst nicht mehr. Was zählt, sind attraktive und relevante Funktionen. Und dafür braucht es mehr als digitale Einkaufslisten oder Store-Finder. Eine Supermarkt-App muss heute vor allem eins: Beim Sparen helfen. Andernfalls wird sie nie geöffnet oder deinstalliert.

Was eine App wirklich relevant macht: Rabatte, Einfachheit, Mehrwert

Für viele Nutzer:innen ist die Supermarkt-App vor allem eines: Ein digitales Sparinstrument. So zählen Funktionen wie das Einlösen von Rabattaktionen und Coupons (72%) sowie das Sammeln von Treue­punkten (57 %) zu den mit Abstand meistgenutz­ten Features und bilden damit den Schlüssel zur wahrgenommenen Attraktivität einer App. Andere Angebote wie Einkaufslisten (31 %) oder eine Be­zahlfunktion per App (20 %) sind hingegen „Nice to have“, aber kein Conversion-Treiber.

Interessant ist dabei auch der Blick auf geschlechts­spezifische Nutzungsmuster: Während Frauen ge­zielt auf finanzielle Vorteile wie Rabatte und Ak­tionen achten, legen männliche Nutzer stärkeres Gewicht auf Usability und funktionale Einfachheit. Beide Gruppen verfolgen damit unterschiedliche Nutzenmotive und geben Hinweise darauf, wie eine App idealerweise zielgruppenspezifisch weiterent­wickelt werden sollte.

App-Klasse vs. App-Krise: Wer digital punktet und wer verliert

Die Daten zeigen: Lidl und REWE sind die App-Ge­winner. Sie kombinieren hohe Nutzung mit funktio­nalem Mehrwert. Besonders Lidl wird als App wahr­genommen, mit der man am meisten Geld spart – gefolgt von REWE, Netto, Kaufland und Penny. Diese Apps liefern nicht nur Information, sondern echten Nutzen.

Aldi bleibt digital abgehängt. Fast 50 % der Kund:innen geben an, die Aldi-App nie zu nut­zen – ein alarmierender Wert für eine Marke mit so hoher stationärer Reichweite. Der Grund liegt nicht im fehlenden Interesse, sondern im fehlenden Mehrwert: Die App bietet kaum relevante Funktio­nen, keine attraktiven Sparmechanismen und wirkt technisch veraltet. Schlechte Nutzerführung, gerin­ge Interaktion und fehlende Anreize machen sie zur digitalen Einbahnstraße. Fazit: Zu wenig Nutzen, zu viel Aufwand und damit keine Relevanz im Alltag der Kund:innen.

Payback = Fallback? Warum externe Programme helfen können – aber nicht die strategische Endlösung sind

Es wird klar: Digitale Kanäle sind längst kein „Nice-to-have“ mehr – sie sind Pflichtprogramm im mo­dernen Lebensmitteleinzelhandel. Doch was, wenn die eigene App (noch) nicht überzeugt? Wenn Funktionen fehlen, die UX schwächelt oder der Mehrwert für Kund:innen nicht greifbar ist?

Bevor Händler halbgare Lösungen launchen, lohnt sich ein Blick auf externe Partnerprogramme wie Payback oder DeutschlandCard. Sie versprechen schnelle Reichweite, einfache Integration und Zu­gang zu bestehenden Nutzergruppen.

Aber: Wer langfristig Kundenbindung, Markenführung und Personalisierung ausbauen will, sollte sich der strategischen Konsequenzen bewusst sein. Denn Payback liefert Reichweite, aber verlangt auch Kontrolle:

1. Die Kundendaten gehören dem Partner, nicht dem Händler. Damit fehlt die Grundlage für individuelle Ansprache, echte Loyalitätsmechanismen und datenbasierte Weiterentwicklung.

2. Die Kundenbeziehung wird geteilt und damit verwässert. Angebote, Aktionen und Interaktionen finden auf einer geteilten Plattform statt, nicht im eigenen Markenerlebnis.

3. Die eigene App läuft Gefahr, zur Nebensache zu werden. Wenn Payback dominiert, bleibt für die eigene App oft wenig Relevanz übrig – gerade dann, wenn keine klare Funktionstrennung erfolgt.

Für kleinere Anbieter mag das Modell funktionie­ren. Für Marktführer gilt aus Expertensicht jedoch: Entweder All-in mit einer starken, eigenständigen App, die Kundendaten, Kommunikation und Bran­ding bündelt oder eine bewusste Entscheidung für ein externes System, mit allen Vor- und Nachteilen. Zwischenlösungen ohne klare Plattformstrategie verlieren schnell an Wirkung und schaden eher, als dass sie nutzen. Denn echte Kundenbindung lässt sich nicht outsourcen – sie muss verdient werden.

LEH im Wandel – Was jetzt zählt

Unsere Studie zeigt: Die Anforderungen an den Lebensmitteleinzelhandel verändern sich nicht nur – sie differenzieren sich weiter aus. Konsument:in­nen treffen ihre Entscheidungen situativ, bedarfs­getrieben und kanalbewusst. Klassische Routi­nen wie der wöchentliche Großeinkauf rücken in den Hintergrund, während digitale Touchpoints, Flexibilität und Convenience an Bedeutung gewin­nen. Wer im Wettbewerb bestehen will, muss diese Dynamik nicht nur verstehen, sondern strategisch adressieren:

1. Verhalten verstehen und differenzieren

Die Zielgruppen im LEH unterscheiden sich deutlich in ihren Erwartungen und Verhaltensmustern. Erfolgreiche Händler bauen keine Einheitsangebote, sondern gestalten flexible Journeys entlang konkreter Nutzungsmuster – von One-Need über App-gestützte Planung bis hin zur stationären Routine.

2. Digitale Infrastruktur zur strategischen Plattform machen

Die App ist kein Add-on mehr. Sie ist der zentrale Ankerpunkt für Informationen, Sparvorteile und Kundenbindung, insbesondere bei den Jüngeren. Marktführer, die Plattformsteuerung, Datenhoheit und Markenführung ernst nehmen, investieren in eigene, ganzheitlich gedachte App-Ökosysteme und verzichten bewusst auf parallele Insellösungen wie Payback.

3. Convenience konsequent denken – jenseits des Preises

Preis bleibt relevant, aber entscheidend ist, wie einfach und schnell sich Kund:innen im Alltag versorgen können. Orientierung in der Filiale, intuitive App-Nutzung, smarter Angebotszugang und digitale Unterstützung beim Einkauf sind heute kaufentscheidende Faktoren. Convenience wird zur Währung der Wahl – kanalübergreifend.

Jasmin Cornelsen
Jasmin Cornelsen
Associate Partnerin
+49-162-1006990
Ihre Nachricht an

    Zurück zur Übersicht
    Downloads
    Weitere News von Batten & Company

    News

    Möchten Sie noch mehr über uns erfahren?

    Dann freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme!

    Jetzt Kontakt aufnehmen