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Wie Customer Experience und Digitalisierung die Finanzindustrie unter Druck setzen

Customer Experience. User Experience. Digitalisierung. Zeitungs-, Magazin- und Branchennews sind gefüllt mit Buzzwords, wenn es darum geht, die sich ändernden Marktbegebenheiten und Use Cases zu erklären und zu analysieren sowie darauf bezogen Maßnahmen zu entwickeln. Veränderte Kundenanforderungen führen zu gesunkenen Eintrittsbarrieren für neue, disruptiver Player. Auch die seit Jahren als sehr konservativ geltende Finanzindustrie hat großen Handlungsbedarf identifiziert, ist doch das Image der Branche durch Finanzkrise, Cum-Ex-Geschäfte und Wirecard-Skandal beschädigt und haben sich zeitgleich noch die Anforderungen ihrer Kunden – Stichwort „Liquid Expectations” – im Zuge rascher Digitalisierung des alltäglichen Lebens radikal geändert. Passende Lösungen ihrer individuellen Wünsche finden die Kunden von Retail-Banken immer häufiger in den Angeboten schnell wachsender FinTechs.  
Nicht zuletzt die weltweit herrschende COVID-19-Pandemie hat die „Always-on“-Abwanderungsbewegung der Digital Natives Richtung FinTechs verstärkt. Ist es doch viel bequemer und einfacher, über Onlinebroker Aktien zu traden, ein neues, kostenloses Bankkonto zu eröffnen oder über eine Bank-Plattform die Reiserücktrittsversicherung für den nächsten Urlaub abzuschließen – Convenience und Simplicity first! FinTechs haben verstanden, wie eine holistische Customer Experience gestaltet und Customer Centricity gelebt wird.

Quo vadis Bank?


Es gibt sie – die digitalen Angebote von Retail-Banken, neben längst überholten Dienstleistungen aus Sicht junger Kunden. Doch sind diese digitalen Angebote auf der Höhe der Zeit? Treffen sie die aktuellen Kundenbedürfnisse? Junge Kunden sind schon länger unzufrieden, weil die Hausbanken ihnen keine passenden Lösungen bieten.Hausbanken haben sich vorrangig auf das reine Online-Banking fokussiert, wodurch Innovationen nicht weiterverfolgt wurden. FinTechs haben ihre Chance genutzt und bieten nicht nur genau das an, was Kunden verlangen, sondern übertreffen deren Erwartungen durch Innovationen.

Zusätzlich beeinträchtigen immer neue Anforderungen, Regularien und Vorgaben durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Banken dabei, sich vollständig auf die Customer Experience ihrer Kunden zu fokussieren. Prozesse müssen regelmäßig angepasst, verfeinert und verbessert werden. Zusätzliche Integrationsautomatismen werden vorgeschrieben. Doch warum gelingt es disruptiven FinTechs besser und scheinbar einfacher, trotz oder gerade wegen der BaFin eine innovative Customer Experience zu bieten, die sich Kunden seit Jahren bei ihren Hausbanken wünschen? Deren Kundenansprache richtet sich schon heute deutlich auf das Erwartungsmanagement – weg vom gängigen Zielgruppenmanagement. Damit können sie schnell und einfach die vom Kunden geforderten, personalisierten, digitalen Produkte sowie Services anbieten und dabei gleichzeitig die eigenen Prozesse vereinfachen.

Pandemiebedingt wurde nicht nur das Wachstum der FinTechs beschleunigt, sondern gleichzeitig die massiven Digitalisierungslücken der Retail-Banken offengelegt. Je länger die Banken warten, desto gefährlicher wird es, den Anschluss an die Wettbewerber zu verlieren. Diese Wettbewerber sind nicht nur FinTechs, sondern auch Retail-Banken, welche bereits die Digitalisierung intern vorangetrieben haben und nun auf einem richtigen Weg sind.

Aktuelle Studien belegen, dass die derzeit noch erzielten Gewinne der Banken bis zum Jahr 2025 um bis zu 60 % einbrechen werden, sollten keine oder nur bedingt digitale und technische Lösungen dem Wandel entgegengesetzt werden. 

Auf Kundenseite zeigt sich bereits, dass allein vier von fünf Bankkunden unzufrieden mit ihrer derzeitigen Bank sind und mit dem Gedanken spielen, zu einem der stark wachsenden FinTechs zu wechseln.
Die neue Realität zeigt einen individuellen 24h-Support und Dienstleistungen, gepaart mit digitalen und On-Demand-Experiences im Privatkundengeschäft. Um diese Angebote, Services und Personalisierungen zu erhalten, sind 86 % der Kunden bereit, ihre Daten zu teilen. Es zeigt sich, dass eine konsequente Fokussierung auf Customer Needs, kombiniert mit der individuellen Ausrichtung auf den Kunden sowie Convenience erste Erfolgsfaktoren sind, um Kunden zu halten und neue zu gewinnen.

Können Retail-Banken überhaupt gegen die agilen und disruptiven FinTechs bestehen und ihren Bestands- und Neukunden zukünftig eine bessere Customer Experience liefern? Mit Blick auf Erfolgsgeschichten etablierter Player (z. B. Comdirect (Commerzbank), Imagin (CaixaBank)) zeigt sich, dass eine erfolgreiche Anpassung durchgeführt werden konnte, wenn eine digitale Bank gegründet wurde, welche vollständig autonom von ihrer Dachorganisation arbeitet. Diese digitalen Banken bzw. Neugründungen nutzen eine State-of-the-art-Technologie, um innovative Customer Experience zu liefern – für Digital Natives ein Entscheidungskriterium.

Nicht zuletzt durch diese Erfolgsformel können FinTechs ihre Kundenzahl massiv steigern und expandieren, da sie bereits ihre Kunden durch positive Erlebnisse und Erfahrungen überzeugen. Unterstützt wird dies durch die Word-of-Mouth-Kommunikation der Endkunden selbst. Das perfekte und kostengünstige Marketinginstrument, welches Unternehmen haben können. Interne Studien zeigen seit Jahren, dass die Weiterempfehlungsbereitschaft der Kunden mit steigender Anzahl positiv erlebter Interaktion deutlich zunimmt. Customer Experience ist somit der Schlüssel zum langfristigen Unternehmenserfolg, welcher nur mit einer hohen Kundenzufriedenheit einhergehen kann.

“I don’t think [COVID-19] is a wakeup call. For me, it is an acceleration.
We can and should go much faster with our digital transformation initiatives.”

–  Stefan Dekraene, Head of International Retail Banking, BNP Paribas

Welche Möglichkeiten gibt es, um Digitalisierung und Customer Experience voranzutreiben?


Eine Möglichkeit von Retail-Banken besteht darin, eine Neobank direkt zu akquirieren. Nachteilig sind jedoch neben den hohen Kosten durch den Aufkauf die daraus resultierenden Aufgaben, welche aufwendig und zeitintensiv sind. Eine weitere Option besteht darin, Altsysteme der Bank durch einfache, digital operierende Plattformen zu ersetzen. Ähnlich wie die Akquisition der Neobank ist aber auch dieser Schritt nicht nur teuer, sondern auch langwierig und risikoreich.

Eine einfache und bessere Lösung ist der Aufbau eines Spin-offs, welches das digitale Banking abdeckt und von Aufbau und Handeln einem FinTech ähnelt. Denn Retail-Banken sind wie Tanker auf dem Atlantik – Anpassungen in der Fahrtrichtung erfordern hohe Anstrengungen und brauchen ihre Zeit. Inzwischen ist der Nachholbedarf groß, da die Möglichkeiten der Digitalisierung nicht von Anfang an ausgeschöpft wurden. Verstärkt wird der Druck durch den Markteintritt disruptiver FinTechs, welche die Customer Needs heutzutage punktgenau bedienen können. Dadurch bieten sie für viele unzufriedene Kunden eine attraktive Alternative. Folglich müssen die Banken ihre eigene Customer Experience dringend optimieren, weil sonst auch die letzten loyalen Kunden zur Konkurrenz in der digitalen Welt abwandern. Neben dem Tanker „Retail-Bank“ wirken FinTechs wie kleine, wendige Sportyachten. Die Lösung eines Spin-Offs des Bankgeschäftes bietet somit eine Chance des ausgeglichenen Wettbewerbs. Damit können Retail-Banken kostengünstiger operieren, unabhängig agieren und agil reagieren.

Doch wie lässt sich so ein Plan realisieren? Mit einer langfristigen digitalen Strategie, einem klaren Produkt- und Kundenfokus bzw. einer IT-Roadmap, welche sich den Marktumständen anpassen kann. Eine Plattform, auf der Partnerunternehmen gewonnen und gebündelt werden können. Diese kann nach dem LEGO-Prinzip entwickelt werden und bietet die erste Basis. Digital-Strategie vor taktischen Manövern heißt die Devise! Customer Centricity ist jetzt die Priorität

Welche Informationen benötigt welcher Kunde zu welchem Zeitpunkt? Wie muss der ideale Service konzipiert sein? Banken müssen die individuellen Kundenbedürfnisse verstehen und passende Services bereitstellen und den richtigen Informationsgehalt bieten. So schaffen sie einen wirklichen Mehrwert für den Kunden. Das funktioniert, wenn alle beteiligten Bereiche der Organisation übergreifend eingebunden sind bzw. miteinander kommunizieren und ein Datenaustausch in Echtzeit ohne Informationsverlust gewährleistet werden kann. In der Praxis müssen kundenbezogene Prozesse konsistent abgebildet werden und ineinandergreifen, um eine nachhaltige Steigerung der Customer Experience zu erreichen. Denn die derzeitige Situation in vielen Banken zeigt: Veraltete Back-End- und relativ neuartige Front-End-Lösungen, die nicht Hand in Hand gehen, bringen nicht den erhofften Sprung an die Spitze des Wettbewerbs und bremsen die internen Möglichkeiten aus. Allein der Aufbau eines modernen CRM-Systems reicht nicht aus, wenn das Prozessmanagement sowie die Anwendungsintegration vernachlässigt werden: Der Aufbau eines digitalen Ökosystems, welches die bestehende IT-Landschaft mit notwendigen Tools ergänzt und mit Kunden und Partnern interaktiv genutzt wird, optimiert dabei die Customer Experience.

Ein Customer Journey Mapping zu Beginn ist eine effektive Methode, um den Status quo der Customer Experience visuell darzustellen und diese mit den internen Prozessen abzugleichen. Dafür bieten sich unterschiedliche Ansätze an, die aber alle ein zentrales Ziel haben: Die Aufdeckung von End-zu-End-Prozessen, welche für Kunden nicht funktionieren oder eine negative Experience bieten, auch wenn ggf. intern gesehen die Prozesse vollständig fehlerfrei dargestellt werden. Jeder Teil des Customer Journey Mappings, wie bspw. Personas, Touchpoints, Pain Points oder Decision Points, helfen der Bank dabei, eine genaue und detaillierte Vorstellung der individuellen Customer Journey des jeweiligen Kunden zu entwickeln. Das Vergessen oder Weglassen relevanter Elemente oder Bereiche reduziert dagegen die Aussagekraft und Analysefähigkeit der Customer Journey Map. Damit unterstützt das Customer Journey Mapping und die zugehörigen Arbeitspakete nachhaltig das Daily Business.

Mit Digitalisierung und Customer Experience geht auch die Leistungswahrnehmung des Kunden der jeweiligen Bank einher. Image und Wahrnehmung, der Perception der Marke, muss somit über alle Touchpoints hinweg widergespiegelt werden. Dabei gibt es Unterschiede bzgl. einzelner Imagewerte und deren Wirkung auf Zufriedenheit und Loyalität eines Kunden. Interne Studien zeigen, dass Banken durch eine klare und über alle Touchpoints hinweg konsistente Markenwahrnehmung ihre Kunden überzeugen können.

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Dr. Laura Gruber
Dr. Laura Gruber
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