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Marketing- & Vertriebsorganisation „PLAY“ – Ways of Working in einer digitalisierten Organisation

Marketing- & Vertriebsorganisation im Kontext steigender Herausforderungen


Etwas zu pessimistisch wird die Marketing- und Vertriebsorganisation schon die digitale Dauerbaustelle genannt. Klar ist aber, dass Organisationsverantwortliche vor der grundlegenden Herausforderung stehen, ihren Bereich „digital ready“ zu machen sowie besser anpassbar bei Veränderungen von außen und schneller in der Reaktionsfähigkeit auszugestalten. Den internen Prozessen und Zusammenarbeitsprinzipien, den „ways of working“ kommen dabei eine besondere Bedeutung zu.

An diesem Punkt setzt der Baustein PLAY unseres Marketing Operating Models (MOM) an. Hier geht es darum, ein geeignetes Zusammenspiel der internen Strukturen zu ermöglichen. Demnach umfasst PLAYjegliche Formen von strukturgebenden Prozessen und Zusammenarbeitsmodellen, welche die organisationalen Strukturen (PLOT) verbinden. Der Komponente PLAY kommt damit im MOM-Konzept eine besondere Rolle zu. Nach der Entwicklung konkreter Marketingziele (PURPOSE) erweckt sie in Kombination mit den nötigen organisationalen Strukturen den Purpose zum Leben. Entsprechend sind im MOM-Konzept PLOT und PLAY immer in Kombination zu betrachten, weshalb wir an dieser Stelle auch auf den PLOT-Artikel verweisen.

Marketing- & Vertriebsprozesse – Effizienz und Kundenorientierung entlang der Customer Journey


Mit deutlich anderen Anforderungen an die Marketing- und Vertriebsprozesse fingen die organisatorischen Veränderungen der digitalen Welt an. Die Prozesse waren das Ersten, das es zu optimieren galt und das bis heute keineswegs abgeschlossen ist. Diese Veränderungen haben ihre Ursache in folgenden vier Entwicklungen:

  1. Anspruchsvollere Kunden und Customer Journey – der Kunde hat sich mit der Digitalisierung gegenüber dem Anbieter durch ein Mehr an Informationen und Transparenz emanzipiert, weiß genau, was er als Kunde erwarten darf. Gleichzeitig ist durch die digitalen Kommunikationskanäle und Tools die Customer Journey deutlich vielschichtiger geworden, mit enormem Komplexitätsanstieg der betroffenen Prozesse des Anbieters.
     
  2. Time to market als Erfolgsfaktor – die schnelle Reaktionsfähigkeit auf Neuerungen hat vielfach der Prozessqualität als Erfolgsfaktor den Rang abgelaufen. Das heißt: Häufig gewinnt nicht der beste, sondern der schnellste.
     
  3. Prozessautomatisierung – auch als Reaktion auf Punkt 1 werden die standardisierbaren Prozesse zunehmend automatisiert, sodass dort im Wesentlichen nur noch Überwachungsaufgaben anfallen.
     
  4. KI-Unterstützung – auch wenig standardisierbare Prozesse werden mehr und mehr durch Informationssysteme und künstliche Intelligenz unterstützt.
     
  5. Kreativere manuelle Prozesse – die noch weiterhin manuellen Aufgaben sind deutlich anspruchsvoller, weniger strukturierbar und daher kreativer als in der Vergangenheit.


Dadurch hat sich das Vorgehen der Prozessoptimierung in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Eine detaillierte, starre Dokumentation auf Prozessstufe 4 oder 5 erweist sich für Marketing und Vertrieb meist nur noch dann als sinnvoll, wenn es um eine Automatisierung durch digitale Tools geht. Wenn es sich aber um hochgradig flexible neue Vermarktungsabläufe handelt, sollten eher die besonders kritischen oder umfangreichen zukünftigen Prozesse in Form von Use Cases nach der RACI-Logik definiert werden. Und zwar auf einem gröberen Level (meist etwa Stufe 3, also nach Teilprozessen), wie die folgende Abbildung 1 zeigt.

Abbildung 1: RACI Use Case Mapping

In den RACI-Darstellungen wird ein weiteres digitales Phänomen deutlich: Es steigt der Abstimmungsbedarf innerhalb des Marketings sowie Vertriebs, zwischen den beiden Bereichen und auch zu Bereichen außerhalb deutlich. Das lässt sich nicht nur durch optimierte Organisationsstrukturen und Prozessleitlinien lösen – es braucht zusätzlich geeignete Zusammenarbeitsmodelle.

Zusammenarbeitsmodelle – Nutzung agiler Arbeitsweisen im Tagesgeschäft


Jeder Strukturrahmen hat seine eigenen Stärken und Schwächen, seine eigenen neuralgischen Schnittstellen und kritischen Abstimmungsbedarfe. Um die vorhandenen Schwächen auszugleichen, eignen sich darauf abgestimmte Zusammenarbeitsmodelle. Zusammenarbeitsmodelle sind Tools und Methoden, die Zusammenarbeit zwischen einzelnen Teams im Marketing bzw. Vertrieb oder zu anderen internen bzw. externen Organisationseinheiten strukturieren und regeln. Die Wahl des richtigen Zusammenarbeitsmodells wird mit Hinblick auf die eingangs beschriebenen Herausforderungen umso bedeutender, sowohl hinsichtlich des Tagesgeschäfts als auch der Projektarbeit.

Die Herausforderungen, mit denen sich Marketing- und Vertriebsorganisationen konfrontiert sehen, münden in klare Anforderungen an Zusammenarbeitsmodelle.

  • Ganzheitliche Kundenzentrierung – Integration in den Entwicklungsprozess und Seamless Commerce
     
  • Eigenverantwortliches Arbeiten – Stärkere Befähigung der Mitarbeiter durch Ausbau von Kompetenzen und Reduktion von Kommunikationslücken
     
  • Integrative Kollaboration – Einbezug der Mitarbeiter in den Veränderungsprozess und Gewährleistung der Kombinierbarkeit mit bestehenden Methoden
     
  • Transparenz und Digitalisierung – Visualisierung von Prozessen und Identifikation von Problemstellen
     
  • Strukturierte Messbarkeit – Ausarbeitung von Inkrementen u.a. zur Reduktion der Time-to-Market
     
  • Aktives Marketing und Sales Controlling – Analyse und Performance Tracking
     
  • Digital Fitness – Automatisierung – Marketing Automation und Predictive Analytics


Dabei wird deutlich, dass neben den Anforderungen an Agilität auch der Anspruch an Performance Management steigt. Das Thema Performance wird in den heute gängigen Zusammenarbeitsmodellen häufig jedoch weitestgehend vernachlässigt.

Welches Zusammenarbeitsmodell sichert eine agile Zusammenarbeit?


Eine Reihe von Zusammenarbeitsmodellen nehmen sich des Themas Agilität an. Wir haben gängige Formen der Zusammenarbeit in neun Modellen zusammengefasst (siehe Abb. 2).

Abb. 2: Ways of Working

Besonders gute Erfahrungen haben wir in Marketing- und Vertriebseinheiten mit Kanban, Scrum und OKR gemacht. Diese möchten wir im Folgenden genauer vorstellen.

KANBAN

Bei Kanban handelt es sich um ein Projektmanagement-Tool, welches zunehmend an Popularität gewinnt. Das Grundprinzip ist eingängig, da Prozesse in definierte Aufgabenpakete geteilt und anhand eines sogenannten „Kanban Boards“ dargestellt werden. In seiner Grundstruktur hat das Kanban-Board drei Spalten, um den Workflow darzustellen: Die Spalte „To Do“, welche eine Übersicht über die offenen Aufgaben gibt, die Spalte „Work in Progress (WIP)“ mit den Aufgaben, die sich in Bearbeitung befinden sowie „Done“-, eine Spalte für die erledigten Aufgaben.

Die Aufgaben werden in Form von (virtuellen) Karten an dem Kanban-Board befestigt. Ist eine Aufgabe nach objektiven Kriterien erfüllt, wird sie in die nächste Spalte verschoben und je nach Priorisierung die nächste Aufgabe nachgezogen („Pull-Prinzip“). Damit verkörpert die Methode die Lean-Prinzipien, da sie den Projektstatus wiedergibt und sich streng auf dessen Effizienzsteigerung konzentriert. In regelmäßigen Abständen trifft sich das Team am physischen oder virtuellen Kanban-Board und diskutiert den Projektstand, erörtert Schwachstellen und beschließt das weitere Vorgehen.

Die Vorzüge liegen in der Priorisierung von Aufgaben und der einfachen Praktikabilität: Durch die Visualisierung der Arbeitsschritte wird ein Umfeld geschaffen, das Engpässe frühzeitig erkennen lässt und damit die Geschwindigkeit und Qualität der Leistungserstellung optimiert. Es fällt der Fokus auf den konsequenten Abschluss von Aufgaben, dem Management von Workload und die kontinuierliche iterative Verbesserung durch stetige Evaluierung des Status quo. Mittlerweile existiert dazu auch eine Reihe von digitalen Tools, sodass Kanban auch ohne physische Anwesenheit der Beteiligten problemlos funktioniert.

Durch seine Ausgestaltung schafft Kanban nicht nur Mehrwerte auf der Teamebene, sondern durch seine breite Anwendbarkeit und einfache Kombinierbarkeit auch klare Mehrwerte auf Management-Ebene.

SCRUM

Auch bei Scrum handelt es sich um eine weit verbreitete Methode, die mit ihren Ursprüngen in der Softwareentwicklung als agiles Zusammenarbeitsmodell immer mehr Anwendungsbereiche im Projekt- und Produktmanagement erschließt. In seinen Grundzügen ist Scrum ein Rahmenwerk für komplexe Problemstellungen sowie selbstorganisierte Teams. Scrum entfaltet seine Wirkung in unbekannten und unerschlossenen Gefilden, in denen entweder Zwischenziele – oder zugehörige Teilanforderungen nicht bekannt sind und in enger, iterativer Einbindung der Anspruchsgruppen erarbeitet werden müssen.

Scrum baut dabei auf ein Konstrukt aus Rollen, Abläufen und den erwähnten selbstorganisierten Teams auf. Durch die Vergabe der Rollen Product Owner, Scum Master und dem Projektteam entsteht eine klare Aufgabenteilung mit klarer Verantwortung. In regelmäßigen Abständen werden Arbeitsschritte geplant, methodisch abgearbeitet, ausgewertet und Folgeschritte definiert. Diese Abläufe manifestieren sich anhand fester Bausteine wie Daily Standup Meetings, in denen regelmäßig der Status Quo erfasst wird und Sprints, in denen Aufgaben inkrementell abgearbeitet werden.

Wie bei vielen agilen Methoden existieren auch für Scrum eine Reihe von Abwandlungen, um vermeintliche Schwächen, wie zum Beispiel der Skalierbarkeit entgegenzuwirken. Dabei wird Scrum entweder mit einzelnen anderen agilen Methoden kombiniert (z.B. Kanban) oder gar im Rahmen eines übergreifenden Konzeptes aus mehreren Methoden (Scaled Agile Framework; Disciplined Agile Delivery) zusammengefasst.

Auch Scrum hat seine Vorzüge wie klare Zuständigkeiten durch definierte Rollen, effizientes Zeitmanagement durch Time-Boxing, ausgeprägter Kundenfokus durch Einbezug in die Iterationen sowie Tracking des Prozesses, der eine ständige Optimierung/Rekalibrierung durch Reaktionsmöglichkeit auf sich wandelnde, ungewisse Gegebenheiten erlaubt.

Damit stellen sich Kanban und Scrum in besonderem Maße den Anforderungen an die Agilität, jedoch verbleiben noch die Anforderungen an einen klaren Ziel- und Performancebezug.

Wie erreicht man eine Performance-basierte Zusammenarbeit und stellt einen durchgängigen Zielfokus sicher?


OKR

Objectives and Key Results – kurz OKR – ist ein Performance Management Tool, das die Zusammenarbeit über agile Zielvereinbarungen regelt. Der Sinn von OKRs ist, personenbezogene und Team-Ziele (Objectives) an messbare Ergebnisse (Key Results) zu koppeln, um so allen Beteiligten einen gemeinsamen, abgestimmten Fokus zur Erreichung der strategischen Unternehmensziele zu geben.

Dieser grundsätzlich nicht neue, werteorientierte Führungsansatz gibt der Zusammenarbeit einen Rahmen, in dem sich Individuen und Teams zielorientiert entfalten können.

Ausgehend von der Marketing- und Vertriebsstrategie werden für einen vorgegebenen Zeitraum von meist einem Quartal Ziele (Objectives) festgelegt, die wiederum in 2-5 messbare Schlüsselergebnisse (Key Results) übersetzt werden. Nach der Zieldefinition, welche in der Planungsphase des sogenannten OKR Zyklus erfolgt, stimmen sich die Teams in „Weekly OKRs“ ab. In wiederkehrenden Zeitzyklen wird der Zielerreichungsgrad der Teams ausgewertet und Implikationen abgeleitet. Am Ende des Zyklus gibt es zudem ein sogenanntes „OKR Review“. Während die übergeordneten Ziele einen qualitativen, ambitionierten und zeitgebunden Charakter haben, sind Schlüsselergebnisse quantitativ und anspruchsvoll definiert, aber nicht unmöglich zu erreichen. Sie müssen vor allem messbar, quantifizierbar und objektiv bewertbar sein. Der Erfüllungsgrad der Key Results wird meist in Prozent oder auf einer Skala von 0 – 1 wiedergegeben. Aufgrund der Ambitioniertheit der Ziele, wird bei korrekter Definition ein Erfüllungsgrad von unter 100% erlangt (meist zwischen 60 und 70%), was dennoch einen ausreichenden Fortschritt bedeutet. Zum Abschluss werden im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses Erfahrungen festgehalten.

Die geringe Formalisierung des Konzepts und zugehöriger Prinzipien führt zu einer breiten Anwendbarkeit und Individualisierbarkeit von OKR. Weitere Vorzüge des Rahmenwerks sind, dass jeder Mitarbeiter seine konkreten Ziele kennt und wie diese zu übergeordneten unternehmensweiten Zielen beitragen. Damit ist trotz weitgehender Selbstbestimmung der Mitarbeiter eine Ergebnisfokussierung und Steuerbarkeit gewährleistet.

Die individuelle Lösung: Auf die richtige Kombination kommt es an


Doch welches der Modelle ist nun das Richtige für meine Organisation?
Agile Arbeitsmethoden entfalten ihre Wirkung unter den richtigen Einsatzbedingungen. Aus diesem Grund sind sie nicht das Allheilmittel, sondern bedürfen sorgfältiger Abstimmung auf den spezifischen Kontext. Dabei spielen neben der Ausgangssituation auch individuelle Rahmenbedingungen wie die Kultur, Commitment der Mitarbeiter und letztlich Zielsetzung eine wichtige Rolle bei der Auswahl des Modells. Zudem weisen die verschiedenen agilen Tools auch ihre eigenen Vor- und Nachteile auf, die es zu beachten gilt. Um die Schwächen auszugleichen, liegt die individuelle Lösung in der richtigen Kombination der Modelle. Oft lässt sich bereits aus zwei Modellen wie beispielsweise Kanban und OKR eine effektive Zusammenarbeit erstellen, die die Anforderungen sowohl an Agilität als auch Zielorientierung abdeckt. So wird agilen Teams ein Rahmen gegeben, um ihre Verantwortung auf die übergeordneten Unternehmensziele zu fokussieren.

Sollten wir mit diesem Artikel Ihr Interesse an Zusammenarbeitsmodellen, deren Anwendungsbereich oder Kombinierbarkeit geweckt haben, treten Sie gerne unverbindlich mit uns in Kontakt. Gerne stimmen wir mit Ihnen eine individuelle Agenda ab und stellen uns auf Ihren Themenfokus ein.

Dr. Nicolas Nasner
Dr. Nicolas Nasner
Managing Partner
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