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Interview: Gelebte Diversität im Marketing

Die Welt, in der wir leben, ist in nur wenigen Generationen immer vielfältiger geworden. Von den Marken wird erwartet, dass sie diesen Veränderungen folgen und einen integrativeren Ansatz für Marketing und Vertrieb wählen. Doch nur wenigen Unternehmen ist es gelungen, die Vielfalt wirklich zu leben und damit künftige Kunden zu gewinnen. Um herauszufinden, wie Vielfalt in der Praxis gelebt und umgesetzt werden kann, haben sich unsere Marketing und Vertriebsberater von Batten & Company mit Jason Rosario, Chief DE&I Officer bei BBDO Worldwide, zusammengesetzt.

In einem inspirierenden Interview sprachen sie darüber, welche Rolle Werbeagenturen bei der Umsetzung von Diversity spielen, wie man Authentizität in der Kommunikation sicherstellen kann und wie sich die Werbeindustrie in den letzten Jahren verändert hat.

Batten and Company: Können Sie uns mehr über Ihre Rolle bei BBDO Worldwide und der zunehmenden Bedeutung von Personen, die sich explizit mit Aspekten der Vielfalt in Unternehmen befassen, erzählen?

Jason Rosario: Meine Aufgabe bei BBDO Worldwide als Chief DE&I Officer ist es, sicherzustellen, dass wir eine gleichberechtigte Agentur aufbauen – eine Agentur, die auf Diversity, Equity & Inclusion (DE&I) basiert, und zwar nicht nur in Bezug auf die Art und Weise, wie wir unsere Kultur aufbauen, sondern auch wie wir mit unseren Kunden zusammenarbeiten und ihnen helfen, durch eine integrativere Brille zu denken. Dazu gehört alles, von der Einleitung interner Initiativen, die zum Aufbau dieser Kultur beitragen, bis hin zur Beratung unserer Kreativteams zu integrativen Best Practices, die sie in ihre Arbeit einfließen lassen können, um die Arbeit ihrer Kunden zu verbessern.

Vorstellung Jason Rosario

Jason Rosario ist Chief Diversity, Equity & Inclusion Officer im globalen Kommunikationsnetzwerk von BBDO. Er ist ein erfahrener Profi, dessen Ziel es ist, das Beste aus einer Marke, einem Unternehmen und seinen Mitarbeitern herauszuholen. Er entwickelt strategische Initiativen, die Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion stärken und das Engagement intern und extern erhöhen.

Ausgehend von dieser Definition gibt es zwei Perspektiven, die zu berücksichtigen sind, die interne Perspektive als Unternehmen und die externe Perspektive, d. h. die Zusammenarbeit mit Kunden und Auftraggebern. Wie spielen diese beiden Perspektiven zusammen?

Jason Rosario: Das gehört zusammen, denn nur wenn wir beides tun, können wir die Welt gestalten, in der wir leben wollen. In der Werbung tun wir das durch die Geschichten, die wir erzählen. Diese Geschichten sind nur dann integrativer und diverser, wenn wir diversere Teams haben, die an diesen Kampagnen arbeiten. Wenn man den kreativen Output als das Endprodukt betrachtet, dann muss man auch über die Zutaten nachdenken, die zu diesem Endprodukt gehören. Es geht dabei auch darum, ein Gefühl der Zugehörigkeit zu erzeugen und es in den Kreativitätsprozess einfließen zu lassen, damit am Ende bessere Arbeit entsteht. Deshalb ist es wichtig, dass diese beiden Welten zusammenkommen.

Konzentrieren wir uns für einen Moment auf die interne Perspektive. In welchem Stadium hat BBDO Worldwide seine Reise in Bezug auf Diversität begonnen und wo stehen Sie jetzt?

Jason Rosario: Ich denke, die BBDO-Gruppe hat sich schon immer auf DE&I konzentriert. Der einzige Unterschied ist, dass wir jetzt eine klare strategische Vision davon haben, was wir tun wollen. Wir stehen zum Beispiel kurz vor dem Start mehrerer interner Initiativen, die sich auf Schulung und Entwicklung der Sprache der Diversität konzentrieren werden. Wir führen auch einige Tools ein, die uns helfen werden, die Arbeit für unsere Kunden zu verbessern. Ich hoffe, dass wir bald ein Vorbild für unsere Branche sein werden.

Was waren aus Ihrer Sicht wichtige Meilensteine, die Sie auf diesem Weg bereits erreicht haben?

Jason Rosario: Der erste wichtige Meilenstein ist die weltweite Einführung unseres „Unconscious Bias Trainings“. Das ist ein grundlegender Baustein für das Verständnis von DE&I, denn es bringt uns alle dazu, uns wirklich die Zeit zu nehmen, unsere Vorurteile aufzudecken und dann die notwendigen Schritte zu unternehmen, um sie zu beseitigen. Dazu braucht es drei Aspekte: Zunächst die selbstreflexive Arbeit, die wir als Einzelne leisten müssen. Der zweite Aspekt ist der organisatorische Wandel, den wir als Gruppe vollziehen müssen. Der dritte Aspekt ist dann die gegenseitige Verstärkung der ersten beiden Schritte: Wenn wir bessere Individuen werden, werden wir auch eine bessere Organisation.

Wie sehen Sie die Rolle der Werbebranche beim Abbau von Barrieren und der Schaffung eines inklusiven Umfelds?

Jason Rosario: Unsere Aufgabe als „Werber“ ist es, intensiv über die Geschichten nachzudenken, die wir im Namen unserer Kunden erzählen. Dazu gehört es, verschiedene Arten von Zielgruppen zu identifizieren und authentische Kommunikationsstrategien zu entwickeln, um diese Zielgruppen gezielt anzusprechen. Und dabei geht es nicht nur um die Besetzung. Es geht darum zu verstehen, wie sich diese Gemeinschaften verhalten, denken und Entscheidungen treffen, die auf ihrem kulturellen Hintergrund, ihrer sexuellen Orientierung, ihrem Geschlecht usw. beruhen.

Wie hat sich die Werbebranche angesichts Ihrer Erfahrung und Ihres beruflichen Hintergrunds in den letzten Jahren im Hinblick auf DE&I verändert?

Jason Rosario: Ich denke, dass die Werbebranche in den letzten 18 Monaten in einigen Bereichen große Fortschritte gemacht hat. Allerdings braucht die vollständige Übernahme von DE&I Zeit. Wir sprechen hier über ein Thema, das sich über Jahrzehnte entwickelt hat, es wird sich also nicht über Nacht verändern. Aber wenn wir in zehn Jahren darauf zurückblicken, haben wir hoffentlich einige bedeutende Fortschritte in die richtige Richtung gemacht. Das ist es, was mich antreibt.

Was sind für Sie geeignete Maßnahmen, um diesen Prozess zu beschleunigen?

Jason Rosario: Ein Ratschlag, den ich nicht nur anderen Agenturen und anderen Fachleuten, sondern auch unseren Marken und Kunden geben würde, ist, intensiv und offen über die Intention nachzudenken, die wir hinter unsere Kampagnen und die Geschichten, die wir erzählen, stellen. Und das sollte schon in einem frühen Stadium der Idee beginnen, damit jeder Teil des Prozesses, jeder Teil der kreativen Wertschöpfungskette inklusiv ist oder zumindest mit einer inklusiveren Brille betrachtet wird. Man hört oft den Ausdruck „Was Einstellungen/Besetzungen angeht, bin ich farbenblind, ich sehe keine Farben“. Wer das sagt, hat oft edle Motive und fühlt sich gut. Wenn man sich dann aber die Fakten ansieht, stellt man fest, dass am Ende ganz und gar nicht diverse Entscheidungen getroffen werden und sehr homogene Teams/Casts entstehen.

Wo sehen Sie unsere Rolle als Dienstleister für Kunden? Ist es unsere Aufgabe, unseren Kunden in ihrer Entwicklung zu folgen, oder sie proaktiv in Bezug auf DE&I zu führen?

Jason Rosario: Ich persönlich denke, dass es unsere Aufgabe als Marketingagentur ist, unsere Kunden zu führen und herauszufordern, über den Tellerrand hinauszuschauen. Dazu gehört auch, ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie ihr Geschäft umfassender gestalten und ein größeres Netz auswerfen können. Oft denken wir, dass es 20 oder 30 Jahre dauern wird, bis sich die demografischen Verhältnisse ändern, aber dank des technologischen Wandels geschieht das schon jetzt. Es ist also eine unglaublich wichtige unternehmerische Entscheidung, wenn man sein Unternehmen inklusiver betrachtet.

Wie können Unternehmen in Marketing und Werbung für Authentizität sorgen, um Kritik wie „Queerbaiting“ oder „RainbowWashing“ zu vermeiden?

Jason Rosario: Es geht darum sich Zeit zu nehmen, die Zielgruppe, mit der man kommunizieren will, zu verstehen. Man sollte sich Gedanken über die kulturellen Normen machen, die für das Land oder die Region wichtig sind. Die Authentizität besteht nicht nur in der Repräsentation der Zielgruppen, sondern auch in der Art und Weise, wie wir sie darstellen. Verhalten sie sich authentisch? Würde diese Person diese Dinge in dieser Umgebung sagen? Würde sie sich überhaupt an diesem Ort aufhalten, wo sie diese Kleidung trägt?

Welche Empfehlungen haben Sie für Unternehmen, die versuchen, Diversitäts-Bemühungen innerhalb ihrer Organisation und in Marketing und Vertrieb voranzutreiben?

Jason Rosario: Ich denke, es beginnt damit, wo man heute steht. Wir hören unsere Kunden oft sagen: „Nun, ich möchte vielfältiger sein. Ich möchte inklusiver werden, aber ich weiß nicht, wie ich anfangen soll, weil ich meinen derzeitigen Kundenstamm nicht verprellen möchte.“ Ich bin überzeugt, dass jede Marke selbst innerhalb ihrer Kernzielgruppe Dimensionen von Diversität hat, über die sie glaubwürdig sprechen kann. Selbst wenn Ihr Publikum aus einer Gruppe weißer Männer besteht, ist es dennoch diversifiziert. Sie können sich in Bezug auf ihre sexuelle Orientierung, ihre Herkunft, ihre körperliche Konstitution usw. unterscheiden. Unsere Aufgabe als Partner besteht darin, die Kunden genau dabei zu unterstützen.

Was sind die wichtigsten Messgrößen für ein globales Netzwerk wie BBDO, um den Erfolg seiner DE&I Bemühungen zu verfolgen und zu messen?

Jason Rosario: Im Grunde geht es bei DE&I darum, wie Menschen lernen, miteinander in Verbindung zu treten und zu wachsen, und das ist ziemlich schwierig zu messen. Es gibt natürlich KPIs, die wir für uns selbst festgelegt haben, aber diese werden sich je nach Region ändern. In den USA zum Beispiel haben wir uns verpflichtet, mindestens repräsentativ für die US-Bevölkerung zu sein. Eine Möglichkeit, die Eingliederung zu messen, besteht darin, die demografischen Gegebenheiten eines Marktes zu betrachten und sicherzustellen, dass unsere Teams diese widerspiegeln.

Eine andere Art der Messung, die weniger quantitativ, aber unglaublich wichtig ist, besteht darin, sich anzuschauen, wie lange die Leute im Unternehmen bleiben. Oft spreche ich mit Leuten, die seit über 10 Jahren bei BBDO sind. Ich denke, das ist ein gutes Zeichen. Das bedeutet, dass sie das Gefühl haben, dass dieses Unternehmen sich um sie kümmert und dass dies ein Ort ist, an dem sie sich beruflich weiterentwickeln können.

Und ich denke, es gibt noch eine weitere Möglichkeit, das zu messen. Und das ist das Gefühl. Es gibt ein Gefühl, das man bekommt, wenn man durch die Tür in das Büro kommt. Arbeiten die Leute zusammen? Kümmern sie sich umeinander? Stehen sie füreinander ein? Zugegeben, das ist angesichts der Pandemie ein bisschen schwierig zu messen, aber ich denke, wir bewegen uns in die richtige Richtung.

Dr. Christian von Thaden
Dr. Christian von Thaden
Managing Partner & CEO
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